
Das Telefon klingelte und weckte Donald Miller, der ein paar Jahre zuvor einen sehr erfolgreichen Memoirenband veröffentlichte. Am anderen Ende meldete sich Steven, der sich als Filmregisseur vorstellte: “Don, wir wollen einen Film über Ihr Leben machen.”
Damit fing alles an.
In diesem Blogbeitrag stelle ich Donald Millers Eine Million Meilen in tausend Jahren vor. Ein Buch, das die Art, wie ich über mein Leben nachdenke, verändert hat.
Das langweilige Leben
Also traf sich Donald mit Steven und dem Kameramann Ben, um am Plot für den Film zu arbeiten. Und schnell wurde Donald bewusst: Die wollen mein Leben umschreiben!
“Was stimmt denn nicht?”, fragte Donald und bekam zur Antwort, dass in einer guten Geschichte jede Szene und jede Dialogzeile einen Sinn haben muss; ein bestimmtes Ziel hat. Das echte Leben und der Alltag hingegen sind geprägt von Belanglosigkeiten.
“Was Steve damit sagen will, ist, dass dein wirkliches Leben langweilig ist.”, unterbrach Ben die mittlerweile lautstarke Unterhaltung zwischen dem Regisseur und Don.
Irgendwie trifft das für uns alle zu. Filme funktionieren nicht so wie das wirkliche Leben. In einer Geschichte ordnet man das Leben zu einer verständlichen Serie von Ereignissen an, damit das Publikum, wenn der Abspann läuft, zufrieden ist.
Nachdem Don sich beruhigte, dachte er darüber nach. Schließlich kam er zu der Erkenntnis, dass sie Recht hatten. Das Leben ist ein Zusammengewürfel von willkürlichen und zufälligen Ereignissen. Eine Geschichte hat Struktur und ist zielgerichtet.
Nun hatte Donald Miller immerhin die Möglichkeit, sein Leben für die Leinwand umzuschreiben. Vielleicht gab es ja was zu lernen?
Was eine gute Geschichte ausmacht
Gemeinsam mit einem Freund besuchte Donald ein Schreibseminar des berühmten Schreiblehrers Robert McKee. Dort lernte er etwas, das jedem Autor und manchem Hobbieschreiber bekannt sein sollte: Die Grundstruktur einer jeden guten Geschichte ist eine Figur, die etwas will und Konflikte überwindet, um es zu bekommen.
- eine Figure
- will etwas/ hat ein Ziel
- es gibt Konflikte
- diese werden überwunden
- schließlich wird das Ziel erreicht
Ziele und Konflikte? Das klingt doch schon mal mehr nach Alltag. Was das echte Leben allerdings von einer guten Geschichte unterscheidet, dass ist das Überwinden von Konflikten. Das Aufbringen von Opfern im Sinne eines größeren Ziels. Der Kampf des Helden.
Leichter ist es, den Konflikten aus dem Weg zu gehen und die Ziele so herunterzuschrauben, dass es kaum noch einen Aufwand bedarf, um diese zu erreichen. Ein Leben in Belangslosig- und Mittelmäßigkeit. Das ist weitaus mehr verbreitet als das Leben einer guten Geschichte
Die Belanglosigkeit des Lebens
Donald hat einen Freund namens Bob.
Bob schreibt alles auf, was in seinem Leben passiert. Eine radikale Form des Tagebuchs also. Hunderte von Seiten füllt er so jährlich. Und warum das Ganze? “Wenn ich etwas vergesse, dann ist das fast so als wäre es nie passiert.”
Das Traurigste am Leben ist, dass man sich an so gut wie nichts mehr erinnern kann. Unser Gehirn scheint sich nicht für belanglose Ereignisse zu interessieren, die keine Auswirkung auf unser weiteres Leben haben. Gab es gestern Kartoffeln oder Nudeln? Egal.
“Deshalb frage ich mich, ob die Leute, wenn sie sagen, das Leben sei bedeutungslos, nicht eigentlich nur meinen, ihr Leben sei bedeutungslos.” – Donald Miller
Eine großartige Geschichte hingegen besteht aus unvergesslichen Szenen. Begreift man sein Leben als eine Geschichte und ist man interessiert daran, dass diese Geschichte auch großartig ist, dann geht man anders durch die Welt. Man ist ständig auf der Suche nach diesen großartigen Szenen.
Warum eine gute Geschichte leben?
Natürlich ist es für uns als Protagonisten wichtig, eine gute Geschichte zu leben – allein aus Unterhaltungsgründen. Wer möchte schon ein langweiliges Leben führen?
Doch so wie Bob sein Leben niederschreibt, um nichts zu vergessen, so ist es die Lebensgeschichte, die nach unserem Tod noch übrig bleibt auch wenn der Körper schon längst unter der Erde ist.
“Doch ein guter Geschichtenerzähler erzählt nicht einfach nur eine bessere Geschichte. Er lädt auch andere Leute zu sich in die Geschichte ein und verschafft so auch ihnen eine bessere Geschichte” – Donald Miller
Das wurde Donald Miller bei der Beerdigung von Janice, der Frau eines Freundes, bewusst. Gute Geschichten überleben den Tod des Protagonisten und machen ihn ein stückweit unsterblich. Und in diesem Augenblick wurde ihm klar: “Eine so schöne Schlussszene wie diese kann man nicht schreiben, indem man auf einer Couch sitzt”
Donald Millers gute Geschichte
In seinem Buch schreibt Miller nicht nur den Prozess seines Bewusstseinswandels – vom Beleidigtsein bis zur Erkenntnis. Er erklärt auch ausführlich und mit Anekdoten geschmückt, was er in seinem Leben änderte. Sprich: Was sein Leben nun zu einer guten Geschichte macht.
Da seine Erzählungen unterhaltsam und lehrsam zugleich sind, möchte ich hier nur eine kleine Auflistung preisgeben. Glaubt mir, es lohnt sich, Miller selbst reden zu lassen. Liest das Buch!
Also, was unternahm Miller so?
Um es kurz zu fassen: Er suchte die Herausforderung. Erlebnisse. Abenteuer. So meldete er sich, obwohl nicht gerade sportlich, für eine Wanderung auf dem Inkapfad an, um mehr Zeit mit einem Mädchen zu verbringen, an der er interessiert war. Er durchquerte Amerika mit dem Fahrrad, um Spenden zu sammeln, was Monate dauerte. Und schließlich versöhnte sich Miller mit seinem Vater, der ihn und seine Mutter sitzen ließ, als er noch ein kleines Kind war.
All das waren Dinge, denen er entweder aus dem Weg gegangen war oder die er sich niemals zugetraut hätte. Aber eine gute Geschichte lebt nun mal von spannenden Herausforderungen. Also baute er diese in sein Leben ein. Um eine gute Geschichte zu leben.
Meine Meinung
Donald Millers Eine Million Meilen in tausend Jahren (Affiliat) ist eines der Bücher, die das Leben verändern können, wenn man sich auf den Inhalt einlässt. Er selbst war gezwungen, sein Leben umzuschreiben, damit es nicht zu langweilig für die Kinobesucher ist. Gleichzeitig kam ihm die Erkenntnis, dass er das zukünftige Leben einfach nach den Regeln einer guten Geschichte leben kann. Er suchte Herausforderungen und änderte sein Leben, ging Belanglosigkeiten aus dem Weg und ersetzte diese durch unvergessliche Szenen.
Das mag nun relativ trivial klingen. Aber als ich das Buch im Januar 2014 aufgrund einer Empfehlung las, machte ich mir durchaus Gedanken über das vergangene Jahr. Wie viele der Dinge, die wir so erleben, müssten wir streichen, damit der Zuschauer sich nicht langweilt? Warum streichen wir diese Dinge nicht einfach selbst, für uns. Schließlich langweilt es uns doch auch?
Was müsste alles hinzugedichtet werden, damit unsere Geschichte lesenswert ist? Warum nicht einfach versuchen, genau diese Elemente in unser Leben einzubauen? Herausforderungen, neue Beziehungen, ein anderes Land, den Job wechseln oder gleich ein eigenes Unternehmen aufbauen.
Das knapp 260-seitige Buch lädt ein, über sein Leben nachzudenken. Und dabei ist es sehr locker und unterhaltsam geschrieben. Voller Anekdoten und Kapiteln, die teilweise einen Essay-Charakter aufweisen.
Miller ist ein christlicher Autor und das merkt man auch in seinen Texten. Allerdings überschreitet er nicht die Grenze zum Nervigen und lässt sich daher auch ideal von weltlichen nicht-gläubigen Geschichtenerzählern lesen.
Und sind wir das nicht alle – Geschichtenerzähler?
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich allerdings. Ich habe die deutsche Übersetzung gelesen, welche ich nicht für sonderlich gelungen halte. Das allererste Wort im Buch ist schon falsch geschrieben und die Schachtelsätze machen das auch nicht besser. Aber der Inhalt macht es einem leicht, über die Mängel hinwegzusehen. Wer allerdings einigermaßen Englisch kann, dem sei die Original-Ausgabe (Affiliat) ans Herz gelegt.
Hallo Jonas,
danke für die Empfehlung, sehr passend zum Jahreswechsel. Aber auch in meine Situation allgemein passt es derzeit. Ich werde es mir direkt auf mein iPad runterladen.
Die Idee finde ich echt gut, das wird ja auch in dem einen und anderen Single-Ratgeber gesagt: Stell dir vor, du bist mit deinem Wunschpartner zusammen und er will etwas von deinem bisherigen Leben wissen. Ist es interessant genug? Oder kannst du es jetzt als Single entsprechend interessant gestalten? Also im Grunde eher unwichtig, ob man ein Film darüber machen möchte oder seinen zukünftigen Partner beeindrucken, Hauptsache man geht die Dinge an und geht nicht immer die Weg des geringsten Widerstandes. Nun ja, das ist etwas, das ich ganz groß auf meine “Bukett Liste 2015” schreiben darf. Danke für die Erinnerung 😉 ich bin schon sehr gespannt auf das Buch!!!