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Dieser Gastbeitrag passt zum Thema des Monats: Lernen. Im letzten Artikel ging es um das verhängnisvolle Lernen negativer Verhaltensweisen und Perspektiven auf die Welt. Die Rede ist von der sogenannte erlernte Hilflosigkeit, die zu einer Depression führen kann.
Der Gastautor Dennis von depressiv leben hat Erfahrung mit diesem düsteren Thema, das leider immer noch häufig von der Gesellschaft verharmlost wird. Er wird von seinem Leben mit Depression erzählen, welcher Erkenntnis er erlangte und wie er schließlich zurück zu sich selbst fand. Erst musste er wieder lernen, was es heißt, ein Leben zu leben.
Ich hoffe, dass das, was Dennis in den letzten Jahren gelernt hat und wovon er hier berichtet, dem einen oder anderen, der unter Depression leidet, hilft. Zusätzliche Informationen zum Thema Depression und Hilfestellung findet ihr auf seiner Seite. Ich wünsche euch alles Gute!
Lernen, zu leben?
Dennis: Schon in der ersten Minute unseres Lebens beginnen wir zu lernen. Dieser Prozess setzt sich über die Jahre fort. Der nächste große Entwicklungsschritt ist unsere Kindergartenzeit. Dort stehen uns sogar Betreuer zur Verfügung, die unsere Entwicklung unterstützen.
Nach der Kindergartenzeit kommen wir in die Schule. Hier gibt es jede Menge schlaue und studierte Köpfe, die uns entwickeln, weiterbilden und ausbilden sollen. Wir lernen in dieser Zeit viel über Geschichte, Erdkunde und andere Themen. Allerdings verrät uns keiner, wie wir lernen unser Leben zu leben. Diese Erfahrung müssen wir selbst machen.
Ich spreche vom Leben lernen, weil auch ich damit Schwierigkeiten hatte. Im Laufe meines Lebens kamen immer wieder Hindernisse auf mich zu, die mich regelmäßig aus der Bahn warfen. Meine Depression und viele Rückschläge sorgten dafür, dass ich einen extremen Tiefpunkt in meinem Leben erreichte.
Um aus diesem Loch oder besser gesagt Teufelskreis von Antriebslosigkeit, negativen Gedanken, Selbstzweifeln, Minderwertigkeitskomplexen und Grübeln wieder heraus zu kommen, musste ich einen langen steinigen Weg gehen. Ich war durch die schwere Depression gezwungen, mich mit mir auseinander zu setzen.
Doch bevor ich meinen Weg fand, wurde das Leben für mich immer schwerer. Alltägliche Aufgaben wurden zur Qual und zu einer unglaublichen Herausforderung. Ich schottete mich ab, nahm nicht mehr wirklich am Leben teil. Ich war in einer psychosomatischen Kur-Klinik und in einer Tagesklinik, zudem ging ich regelmäßig zur Psychotherapie. Ich habe versucht möglichst viele Bücher über Depressionen und Affirmationen zu lesen.
Im Laufe der Zeit wurde mir dann bewusst, dass ich verlernt habe zu leben. Ich vegetierte vor mich hin und versuchte irgendwie den Tag herum zu kriegen. Doch leben war das nicht.
Schließlich wurde mir bewusst, dass sich etwas in meinem Leben verändern muss. Ich wollte zurück ins Leben, koste es was es wolle. Also begann ich mich sehr intensiv mit mir selbst zu beschäftigen. Ich lernte meine Schwächen kennen, meine Verhaltensmuster und am Ende wurde mir sogar bewusst, dass ich über Stärken verfüge. Wer hätte dies gedacht?
Zusätzlich lernte ich was mir nicht gut tut. Letztendlich begann ich mich zu verändern. Ich versuchte Auslöser für negative Gedanken oder meine depressiven Schübe zu vermeiden. Ich strich Menschen, die mir nicht gut taten, aus meinem Leben und machte eine neue Ausbildung, da mich mein alter Job fertig gemacht hat. Wenn ich meinen Weg rückwirkend betrachte, sind die Veränderungen ein wesentlicher Schlüssel zur Bewältigung meiner Depression.
Mit Veränderungen des Leben wieder lernen
Ich kann euch nicht sagen, welches mein wichtigster Schritt war. Ich denke alle drei waren sehr wertvoll und wichtig und haben ihre volle Kraft erst durch das Zusammenwirken entfaltet. Der erste Schritt war es meine Achtsamkeit zu schulen. So lernte ich mich und meine Umwelt wieder Stück für Stück kennen. Durch die Achtsamkeit gelang es mir die Dinge besser einzuordnen. Ich achtete plötzlich darauf, was gut für mich ist und was mich herunter zieht.
Der zweite wichtige Schritt war, dass ich damit begann, meinen eigenen Weg zu gehen. Ich strich die negativen Dinge und Personen aus meinem Leben und wollte nicht mehr allen gefallen. Schließlich bringt es überhaupt nichts, anderen alles recht zu machen und sich selbst dabei zu vergessen. Mit der Schauspielerei für andere war endlich Schluss. Zudem änderte ich meine Gedanken. Dies ist ein langer Prozess, aber ich kann aus voller Überzeugung sagen das es funktioniert.
Der dritte Schritt ist, nicht aufzuhören. Viele fangen an mit Affirmationen zu arbeiten oder in ihrem Leben aufzuräumen, verlieren jedoch nach einiger Zeit den Mut oder machen aus irgendeinem anderen Grund nicht weiter. Meistens dauert es nicht lange bis man wieder vollkommen in den alten Mustern feststeckt. Daher kann ich nur jedem empfehlen, bleibt dran und beginnt daran zu glauben! Es ist möglich sich, seine Gedanken und das eigene Leben zu verändern.
Schließlich…
Durch die Veränderungen in meinem Leben, habe ich das Leben erst wieder gelernt. Sie waren die Voraussetzungen dafür und brachten mich auf einen besseren Weg. Plötzlich war ich nicht mehr abgekapselt. Ich lernte neue Menschen kennen, lernte wie es sich anfühlt glücklich zu sein und das ich doch noch in der Lage bin mich weiterzuentwickeln. Auch lernte ich mich zu akzeptieren und wie wichtig die Beziehung zu mir selbst ist. Ich verstand, welchen Einfluss meine Gedanken auf mich und somit auch auf mein Leben haben und was ich tun muss, um nicht wieder in alte Muster zu verfallen.
Mittlerweile ist meine Lebensqualität recht gut. Ich würde nicht sagen, dass ich komplett geheilt bin, jedoch geht es mir gut. Von kleinen Rückschlägen mal abgesehen. Ich bin zufrieden so wie sich mein Leben entwickelt. Vor fünf Jahren hätte ich nie gedacht, dass ich dies nochmal sagen werde. Auch wenn es sich für einige unmöglich anhört, aber durch Veränderungen ist es möglich wieder neu leben zu lernen.
Dennis
Zusammenfassung:
Das sind die drei Schritte, in denen Dennis lernte, sein Leben wieder zu leben:
- Lerne dich und deine Umwelt kennen. Was tut dir gut, was zieht dich herunter?
- Beginne, deinen eigenen Weg zu gehen. Du musst es nicht allen recht machen!
- Höre nicht auf, arbeite ständig an dir weiter. So fällst du nicht in alte Muster zurück.
Hilfe für Depressive: Deutsches Bündnis gegen Depression e.V.
Über den Gastautor:
Dennis ist seit seiner Kindheit unter einer Depression erkrankt und hat im Jahr 2012 auf depressiv-leben mit dem Bloggen begonnen. Mittlerweile ist seine Webseite im deutschsprachigen Raum bekannt. Zudem hat er ein Buch über seine Erfahrungen mit der Depression und seinen Weg raus aus diesem Teufelskreis geschrieben. Sein Ziel ist es, mehr Verständnis für depressive Menschen zu erreichen.
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