
Ich gebe es zu. Ich gehöre zu dieser Art Studenten, die sich nicht für ein Fach entscheiden können. Die es wagen, Fächer zu kombinieren, die vermeintlich gar nicht zusammen passen. Denn ich studieren Philosophie und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Wozu? Ganz klar, um mein eigenes Taxiunternehmen zu gründen. Was sonst will ein Philosoph in dieser Welt tun? Es ist ja nicht so, als würde man beim Blättern durch die Stellenanzeigen der lokalen Tageszeitung von Angeboten mit Titeln wie “Philosoph gesucht!” erschlagen werden.
Warum studiere ich Philosophie und steuere so direkt in die sichere Arbeitslosigkeit? Ein wenig allgemeiner gesprochen: Warum studiere ich X? Beziehungsweise, falls Du noch nicht studierst, aber mit dem Gedanken spielst ein Studium anzufangen, dann lautet die quälende Frage für dich sicherlich: Was soll ich studieren? Warum soll ich studieren?
Strategische Wahl des Studienfachs
Fragt man die Erstsemester, die in jährlich steigender Zahl an die Universitäten und Hochschulen stürmen, nach ihren persönlichen Gründen für die Aufnahme eines Studiums, so ist Folgendes sicherlich die meist zu hörende Antwort: Durch einen Abschluss steigern sich meine Karrierechancen und ein hohes Einstiegsgehalt ist wahrscheinlich.
Anders ausgedrückt: Diese Leute studieren das, von dem sie glauben, dass es ihnen nach dem Studium die besten Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt bietet. Sie studieren also etwas, was ihnen jemand von außen zuträgt. Psychologisch gesprochen: Sie sind nicht intrinsisch zu einem Studium motiviert. Lediglich das Geld lockt sie. Und müssten sie für ein hohes Einstiegsgehalt Fach Y statt X studieren, so würden sie es tun.
Aber was ist, wenn die Arbeitslage sich ändert? Wenn der Arbeitsmarkt also nicht mehr nach Absolventen des Faches X ruft? Na gut, manche Fächer sind von Haus aus stabiler als andere. Es ist unwahrscheinlich, dass wir in 5 Jahren keine Juristen oder Ärzte mehr brauchen. Außerdem herrscht bekanntlich ein Fachkräftemangel: Ist das wirklich so?
Studiert man ein gewisses Fach nur aus dem Grund, weil man davon ausgeht, dass man mit dem Abschluss einen sicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz bekommt, dann sollte man sich bewusst sein, dass sich der Arbeitsmarkt innerhalb der eigenen Studienzeit ändern kann. Er ändert sich ständig und dagegen kann man nichts tun. Eine rein strategische Wahl des eigenen Studienfachs ist zumindest kritisch zu betrachten.
Alternative zur rein strategischen Wahl
Eine Alternative wäre es, sich nicht nur den Arbeitsmarkt anzuschauen. Nicht nur den Rufen der Unternehmen zu folgen, die mit flachen Hierarchien und 40k Einstiegsgehalt werben, sondern auch auf das zu hören, was Dir Dein Herz sagt. Was ist deine Leidenschaft?
Verstehe mich bitte nicht falsch. Ich will hier nicht sagen, dass es das Beste für jeden ist, einfach das zu machen, was die Laune einem gerade vorschlägt. Aber wenn Du nun mal ein leidenschaftlicher Zeichner oder Schreiber bist, warum das verbergen und so tun als seist Du der perfekte Buchmacher?
Der Einwand, irgendwo muss ja das Geld herkommen und als freier Schriftsteller ist das Leben eine riskante Fahrt ohne sicheres und festes Einkommen, ist gerechtfertigt. Irgendwo muss das Geld herkommen und dafür ist die Lage des Arbeitsmarktes nun mal nicht unwichtig. Was ich sagen will: Kombiniere beides!
Der Idealfall ist, dass Du etwas studierst, für das es eine gewisse Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt gibt, das du aber auch studieren würdest, wenn es z.B. ein bedingungsloses Grundeinkommen gäbe. Wenn also die Notwendigkeit des Geldverdienens und die Diktatur der Stellenanzeigen ihre Wirkung verlieren würde. Ist das, was Du gerade tust, etwas das Du wirklich tun willst? Bist Du dazu intrinsisch motiviert oder tust Du das nur aus externen Gründen wie z.B. die Chance auf einen gut bezahlten Job oder weil Deine Eltern das von Dir verlangen?
Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Leute etwas des Geldes wegen machen. Aber derjenige, der seine Leidenschaft und sein Talent zum Beruf macht, wird langfristig motiviert sein, diese Tätigkeit auszuführen. Und es wird ihm, anders als dem reinen Geldverdiener, nicht als Arbeit vorkommen. Es ist für ihn Berufung und nicht Beruf.
Leidenschaft – Studiere, was dich interessiert!
Ähnlich verhält es sich im Studium. Analog zur Arbeit tun Studenten etwas um am Ende etwas zu erhalten. Sie tauschen Aufwand gegen gute Noten und einen Top-Abschluss wie Angestellte Zeit gegen Bezahlung und Boni. Doch so wie der Angestellte, der seine Tätigkeit nicht als Beruf sondern Berufung versteht, erfolgreich und zufrieden zugleich ist (schließlich tut er das aus Leidenschaft), so bekommt der Student, der lernt was ihn interessiert und nicht das, was der Externe ihm raten, bessere Noten mit weniger Mühe als seine geldgeilen Kommilitonen.
Das hört sich zu gut an um wahr zu sein, stimmt’s? Markus Cerenak interviewte für einen Artikel auf seiner Seite 14 berühmte und erfolgreiche Personen aus Sport, Kultur und Wirtschaft. Er stellte ihnen zwei Fragen:
1) Wie findet man seine Leidenschaft? Wie weiß man, dass man das Richtige tut?
2) Was braucht man am notwendigsten um mit dem, was man am liebsten tut, Erfolg zu haben?
Das Resultat: Alle Befragten sind davon überzeugt, dass man nur mit Leidenschaft wirklich erfolgreich und langfristig zufrieden sein kann. Erfolg ist eben nicht gleichzusetzen mit einer Menge Geld auf dem Konto.
Fazit
Um langfristig zufrieden und erfolgreich zu sein, ist es ratsam, das Studienfach nicht nach einer rein strategischen Art auszuwählen. Die Gefahr, dass sich der Arbeitsmarkt ändert oder – noch schlimmer – dass Du tun musst, was Du eigentlich nicht willst, ist viel zu groß. Die Alternative dazu ist die Wahl eines Faches, an dem Du unabhängig von der Arbeitsmarktsituation interessiert bist.
Höre auf Dein Herz. Leidenschaft.
Jonas
PS: Warum studiere ich Philosophie? Ich möchte das mit den Worten von Leonardo Da Vinci ausdrücken:
The noblest pleasure is the joy of understanding
[…] offiziell ins Leben gerufen. Es war ein mir sehr wichtiges Thema, um das es in meinem Debut ging: Was soll ich studieren? Der Leidenschaft folgen oder dick Kohle machen? Auch ein Jahr später vertrete ich immer noch […]