Gestern war ich zu Gast bei DAS DING, dem Jugendradiosender des Südwestrundfunk. Es ging um die Silvesternacht: Warum haben wir so hohe Erwartungen an diesen besonderen Abend? Und wie gehen wir damit um, wenn wir an Neujahr aufstehen und enttäuscht sind, weil es wieder einmal anders gelaufen ist, als wir es uns erhofft hatten.
Diesen kleinen Gastbeitrag beim Radio möchte ich mir zum Anlass nehmen, auch auf meinem Blog ein paar Sätze darüber zu schreiben. Schließlich habe ich hier auch mehr “Platz” als in einem kurzen, dreiminütigen Telefoninterview.
Und darum wird es gehen:
- Warum haben wir so hohe Erwartungen an den Silvesterabend?
- Wie gehen wir damit um, wenn diese nicht erfüllt werden?
- Wie schaffen wir es, Ziele für das neue Jahr auch wirklich umzusetzen?
- Wie motiviere ich mich, schon heute damit anzufangen?
Einen guten Rutsch ins Jahr 2017!
Viel Spaß beim Lesen.
Jonas
1. Warum haben wir überhaupt so krasse Erwartungen an den Silvesterabend?
Da gibt es sicherlich viele Aspekte. Ich glaube, dass besonders junge Erwachsene und Jugendliche hohe Erwartungen an den Silvesterabend haben. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Silvester war immer ein Fest für die Erwachsenen und plötzlich ist man alt genug, um nicht mehr mit der Familie, sondern mit Freunden außer Haus zu feiern. Das ist toll, bringt aber auch neuen Stress mit sich: Wo feiern wir? Wie feiern wir? Böller – ja oder nein?
Mit den Jahren lässt das aber ein wenig nach. Zumindest ist das mein Eindruck, wenn ich mich ein wenig im Bekanntenkreis umsehe. Das Silvesterfest wandelt sich für viele Mitt-/Endzwanziger von einer Partynacht mit reichlich Alkohol zu einem gemütlichen Beisammensitzen und gemeinsamem Essen (z.B. klassisch Raclette) mit Freunden. Schwierig wird es, wenn man versucht, irgendwas zu erzwingen, was man gar nicht wirklich will.
2. Wie gehen wir am besten damit um, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden?
Enttäuschungen sind niemals schön. Und gerade als Gastgeber läuft man Gefahr, zu viel vom Abend zu erwarten. Schließlich möchte man seinen Gästen eine unvergessliche Silvesternacht bieten. Man malt sich aus, wie der Abend wohl laufen wird, plant zum Beispiel Spiele ein. Bleigießen darf natürlich auch nicht fehlen. Allerdings greift auch hier die alte Binsenweisheit: Je höher die Erwartungen, desto größer die potenzielle Enttäuschung.
Immer, wenn Leute zusammenkommen, entsteht eine gewisse Dynamik. Es kommt immer anders, als man es sich vorstellt. Am besten ist man offen und plant nicht zu viel ein, hat keine zu konkreten Erwartungen an den Abend. Dann kann man auch nicht enttäuscht, sondern nur positiv überrascht werden.
3. Wie schaffen wir es, die die Ziele fürs neue Jahr auch wirklich umzusetzen?
Wie jedes Jahr werden wir auch in den ersten Wochen von 2017 lesen können, dass bereits nach wenigen Tagen 80% der Vorsätze fürs neue Jahr gebrochen wurden. Warum ist das so, systematisch und jedes Mal das gleiche?
Wenn wir ein großes Ziel erreichen wollen, dann brauchen wir eine richtige Herangehensweise. Hilfreich ist die Metapher des Bergsteigens.
Am besten legt man bereits im Tal fest, welchen Gipfel man besteigen möchte, und plant Ecken zum Ausruhen und zum Genießen des Ausblicks ein.
Übertragen auf die Neujahrsvorsätze bedeutet das zwei Dinge.
Erstens: Klare Definition des Ziels (Berggipfel) nach der SMART-Methode. Im Kern heißt das: Ziele müssen möglichst spezifisch, messbar und realistisch sein. Nicht: Ich möchte 2017 abnehmen. Sondern: Ich möchte x Kilo bis Anfang Juni abnehmen. Nur so lässt sich überprüfen, ob man das Ziel denn auch wirklich erreicht hat oder nicht. Rausreden kann man sich sonst schnell!
Zweitens: Definieren von Meilensteinen auf den Weg von heute zum Ziel (Ecken zum Ausruhen und Ausblick genießen). Bricht man eine große Aufgabe in kleine Teilaufgabe herunter, dann stellt sich beim erreichen dieser in der Regel ein neuer Motivationsschwung ein. Man sieht, was man schon geschafft hat, aber auch, was es noch zu erklimmen gilt. Wie beim Bergsteigen eben.
4. Wie motiviere ich mich, HEUTE damit anzufangen?
Meiner Erfahrung nach ist liegt die Schwierigkeit nicht beim Starten eines Projekts oder Vorhabens, sondern beim Dranbleiben und Umsetzen. Besonders schwierig ist es, wenn die Anfangseuphorie nachlässt und sich Selbstzweifel breit tut: Schaffe ich das überhaupt? Will ich das denn wirklich? Und gerade in solchen Momenten den Kurs zu halten, das ist die wahre Herausforderung.
Die Welt ist voll von angefangenen Projekten und unerfüllten Träumen.
Also: Wie bleibe ich dran an der Sache? Dafür gibt es kein Antwort, die hundertprozentig funktioniert. Als hilfreich hat sich gezeigt, wie gesagt, ein großes Ziel und kleinere zu Unterbrechen. Das nimmt auch die Angst vor der Herausforderung. Nächstes Jahr ein Buch schreiben? Ohje! Eine halbe Seite am Tag? Klingt schon eher machbar.
Zwei weitere Kniffe aus der psychologischen Trickkiste:
Abnehmen/Muskelaufbau/Ernährungsumstellung: Viele Bodybuilder, die einen strikten Ernährungsplan einhalten müssen, um ihre Ziele zu erreichen, planen einen festen Cheat Day ein in der Woche ein. Das ist ein Tag, an dem alle Ernährungsregeln gebrochen werden dürfen und man essen kann, was man will und so viel man will. Klingt irgendwie komisch? Es gibt Studien, die zeigen, dass das durchaus gut funktionieren kann. Wer einen kleinen Einblick in die “Wissenschaft” des Schummeltags haben will, kann hier anfangen.
Gruppenwetten: Zusätzlich motivierend kann es sein, wenn man zusammen mit anderen ein gemeinsames Ziel erreichen möchte. Zum Beispiel der Klassiker: Mit dem Rauchen aufhören. Jeder packt eine gewisse Menge an Geld, zum Beispiel 50 Euro, in einen Umschlag. Es muss schon weh tun, wenn das Geld plötzlich weg ist. Die Umschläge werden dann zu einem gemeinsamen und neutralen Freund gebracht. Sobald jemand wieder anfängt zu rauchen, wird das Geld der entsprechenden Person gespendet.
Negative Anreize motivieren in etwa doppelt so stark wie positive. Psychologen und Verhaltensforscher kennen dieses Phänomen unter dem Begriff der Verlustaversion als Teil der Prospect Theory von Kahneman und Tversky (Wikipedia Eintrag).
Zusammenfassend kann man sagen, dass man sich schon ein wenig selber austricksen muss, möchte man ein großes Ziel erreichen. Zum Glück haben die Verhaltensforscher ein paar Tricks und Ideen, mit denen das klappen kann. Man muss es einfach ausprobieren und schauen was für einen funktioniert.
Also: Dranbleiben! Auf ein gutes neues Jahr 2017!
Philipp says
Hi,
ich finde crazy, dass Silvester die einzige Zeit ist, in der alle Ziele haben.
MFG Philipp